Im Dialog mit Fotographien verschiedener Formate stehen Textpassagen, die Gesehenes mit Hintergrundinformationen aufarbeiten. Grundlage für die Ausstellung sind Fotos von Reisen in den Nahen Osten (Syrien, Libanon, Nordirak, Iran), die in den letzten Jahren während Forschungsaufenthalten und Hilfsprojekten aufgenommen worden sind. Christian Kurzke, Geflüchtetenseelsorger in Gera und Initiator verschiedener Hilfsprojekte möchte im Kontext der anstehenden Wahlen auf das Thema aufmerksam machen. Rene Pützschel, Kunstschaffender aus dem Raum Chemnitz, hat sich das Thema in Vielfalt leben zur Aufgabe nach den Ausschreitungen im Herbst letzten Jahres in Chemnitz gemacht und begleitet die Ausstellung künstlerisch. Stefan Rammelt hat die Reisen fotographisch begleitet und übernimmt Auswahl und technische Gestaltung. Geflüchtete aus dem Seelsorgebereich Gera stehen während der Eröffnungsveranstaltungen für das World-Cafe zur Verfügung und können authentische Einblicke geben.
Die Ausstellung soll an 3 verschiedenen Orten in Gera jeweils für mehrere Wochen zu sehen sein, damit ein möglichst breites Spektrum an Rezipienten angesprochen werden kann. Angedacht ist nach sicherstellung der Finanzierung die Häselburg, Schulaula, Bibliothek, auch eine Kirche. An jedem Ort ist eine Eröffnungsveranstaltung geplant. Je ein Eröffnungsvortrag mit renommierten Vertretern aus Wissenschaft und Gesellschaft, zu denen schon über viele Jahre gute Kontakte bestehen, soll in das Thema einführen und zur Diskussion in Gestalt eines World Cafe anregen. Als Fachreferenten sind Thomas Schmidinger (Universität Wien), auch Markus Bickel (AmnestyInternational Berlin) und Martin Tamcke (Universität Göttingen) angedacht. Durch eine gute Pressearbeit wird hoffentlich ein breites Publikum erreicht. Ein zweiter Schwerpunkt liegt im Bereich der schulischen Bildung. Gerade Jugendliche sind für diese Themen zu sensibilisieren und diskursfähig zu machen. Schulklassen soll an vier Freitagen die Möglichkeit gegeben werden, in Form eines 90-minütigen Workshops sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Neben der thematischen Beschäftigung soll am Schluss in Form einer kurzen Zukunftswerkstatt diskutiert werden: Gera bunt. Eine Gesellschaft der Vielfalt und der Toleranz.
Ein Ausstellungsbereich widmet sich den Auswirkungen zerbrochener Vielfalt. Die Folgen des Aufstiegs des IS und anderer radikaler Milizen im Irak und Syrien sollen dokumentiert werden. Im Zentrum stehen Fotographien aus Homs, Aleppo, genauso aus den vom IS befreiten Städten im Nordirak. Als Trägermedium der Fotografien wird ein Bauzaun gewählt, der die Fragilität der Situation zum Ausdruck bringen soll.
Das Leben in einer Situation der Zerstörung und Vertreibung kann nicht ausgespart werden: Fotos von Flüchtlingscamps genauso wie von informellen Siedlungen, aber auch Wohnruinen gehören zum Alltag vieler Menschen. In direkter Nachbarschaft totaler Zerstörung liegen unberührte Straßenviertel, pulsierendes aber nicht unbetroffenes Leben. Die harten Grenzen dieser Gegensätzlichkeit werden in der Ausstellung visualisiert.
Die Destruktion ist nicht allein das, wo der Nahe Osten stehen bleibt. Trotz aller Zerstörung gibt es Aufbrüche, mutmachender Wideraufbau, gelungene Neuanfänge. Gerade diese Hoffnungszeichen sind zu dokumentieren, um zu verdeutlichen, dass Vielfalt eine Chance hat. Die Brüchigkeit der Situation ist gewiss noch lange nicht überwunden, aber es gibt Menschen, die vorwärtsschauen und nicht zurück, für die Frieden und Neuanfang die einzige Möglichkeit ist. Das wird an Stellwänden dokumentiert.
Während einiger Besuche in Nahost konnten in Kooperation mit der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum Fluchtgeschichten verschiedener Menschen gesammelt und archiviert werden. Damit kommen authentische Stimmen zu Wort. An einer Multimediastation im Ausstellungskonzept sind Fotos zu sehen, während durch Kopfhörer eingesprochene Fluchtgeschichten zu hören sind. Die Ereignisse werden in einer audiovisuellen Installation konkret.
Fotoausstellungen leiden darunter, dass die Sprache des Bildes und die Bildwirkung individualisiert wird, ohne die Chance auf ein to talk/to act zu geben. Genau hierfür will die letzte Ausstellungsinstallation eine Plattform bieten. Bestandteil der Ausstellungskonzeption im Endbereich soll ein zentraler großer Fototisch (Papptisch mit Fotoglasplatte) mit Sitzgruppe sein. Auf dem Tisch finden sich provokante Zitate, die das Gesehene konterkarieren bzw. überzeichnen. Die Zitate sollen die Sitzenden einladen, miteinander und den Ausstellungsmachern in einen Austausch zu treten. Dafür stehen Migranten, die in Gera eine Heimat gefunden haben als Gesprächspartner bereit und können das Gehörte und Gesehene im Gespräch vertiefen. Der Kommunikationstisch möchte zugleich Plattform einer konstruktiven feedback-Kultur sein. Das Gesehene wird geschärft, so dass die Besucher von einem „to see“ über ein „to talk“ hin zu einem „to act“ geführt werden.